Betrachtung zur historisch-kritischen Theologie


Matthäus 5,13: “Ihr seid das Salz der Erde; wenn aber das Salz fade geworden ist, womit soll es gesalzen werden? Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden.”

Zum evangelikalen Selbstverständnis gehört die klare Abgrenzung von der sogenannten “Bibelkritik”.

Von deren Auswirkungen in Form der sog. “historisch-kritischen Theologie” sind insbesondere die alten protestantischen Volkskirchen in Westeuropa gezeichnet. Dies gilt leider in besonderem Maße für die Evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Zu den Fehlleistungen dieser unbiblischen und von einem quasi atheistischen Ansatz ausgehenden “Theologie” möchte ich zur Vertiefung vorab folgende Bücher empfehlen:

Eta Linnemann: “Bibelkritik auf dem Prüfstand - Wie wissenschaftlich ist die «wissenschaftliche Theologie»?”, 184 Seiten, 13,70 €, ISBN 3-933372-19-4

Eta Linnemann: “Original oder Fälschung”, Taschenbuch, 1,90 €,
CLV-Verlag

Frau Prof. Dr. Linnemann ist Schülerin von Rudolf Bultmann und war lange Jahre selbst Professorin für historisch-kritische Theologie. Ende der siebziger Jahre kam sie jedoch zum christlichen Glauben und zeigt seitdem als Insider, mit welchen - schon intellektuell absurden - Methoden diese Theologie zu ihren Behauptungen kommt.

INHALT:
       1) Allgemeines zur historisch-kritischen Theologie
      
2) Inhaltliche Auseinandersetzung mit den Theorien der Bibelkritiker
      
3) Auswirkungen in der Praxis: Die entkernte Kirche
      


1) Allgemeines zur historisch-kritischen Theologie

Die historisch-kritische Theologie liegt wie ein Mehltau über dem geistlichen Leben aller Kirchen, die sich der damit verbundenen Infragestellung der Bibel geöffnet haben.

Es ist ein weltweites Phänomen, daß all diese Kirchen einen inneren und äußeren (zahlenmäßigen) Niedergang erleben. Wer Gott kennt, kann über diesen Umstand nicht überrascht sein. Ein globaler Trend ist:
"Liberale Theologie wird in immer kleiner werdenden Gemeinden in immer leereren Kirchengebäuden gepredigt."

Die Abwanderung findet auf der einen Seite in die Säkularisation statt, auf der anderen Seite zu gläubigen (d.h. evangelikalen) Gemeinden. Bei einigen liberal orientierten Kirchen in den USA ist die Abwanderung derart stark gewesen, daß sich ihre Mitgliederzahl innerhalb von 25 Jahren halbiert hat - so z.B. bei der Episkopalkirche (anglikanisch). Der Schrumpfungsprozeß der evangelischen Landeskirchen in Deutschland ist demgegenüber noch verhältnismäßig moderat, da Deutschland mit zwei Großkirchen eine vergleichsweise monolithische Struktur hat und deshalb hierzulande Alternativen fehlen bzw. kaum bekannt sind. Daß aber auch in Deutschland die historisch-kritische Theologie die Hauptursache des Mitgliederschwunds ist, merkt man daran, daß selbst innerhalb der Evangelischen Landeskirchen diejenigen Gemeinden Zulauf haben, in denen evangelikale Pastoren predigen. Ein Beispiel dafür ist z.B. die überregional bekannte Andreasgemeinde in Leipzig.

In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, daß die Vertreter der historisch-kritischen Theologie den Sinn ihres theologischen Ansatzes darin sehen, einem besseren Verständnis der Bibel und damit dem Gedeihen der Kirche zu dienen. Kein Anspruch könnte weiter von der Realität entfernt sein. Denn daß diese Theologie weder dem äußeren noch dem inneren Wachstum der Kirche nützt, liegt gerade im Vergleich mit evangelikalen Gruppierungen auf der Hand.

Die naheliegende Frage, aus welchem Grund die Landeskirche trotzdem an der historisch-kritisch geprägten Universitätsausbildung ihrer Pastoren festhält, ist nach menschlichem Ermessen schwer zu beantworten. Denn eine universitäre Ausbildung sagt nichts über die geistliche Befähigung eines Menschen für das Reich Gottes aus - und häufig nicht einmal etwas über äußere Bibelkenntnis. Denn gerade daran fehlte es vielen Theologiestudenten, mit denen ich an der Universität gesprochen habe.
Warum also all dies? Der Grund liegt wohl in einem weltlichen Denken der Kirche, das auf akademisches Ansehen vor der unbekehrten Welt mehr Wert legt als auf eine fundierte biblische Ausbildung und das Ansehen bei Gott. Doch wie weit ist dieses Denken vom Neuen Testament entfernt...:

1.Kor 1,21: “Denn weil in der Weisheit Gottes die Welt durch die Weisheit Gott nicht erkannte, hat es Gott wohlgefallen, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten.”

1.Kor 3,19: “Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott; denn es steht geschrieben: "Der die Weisen fängt in ihrer List."

Römer 1,22: “Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden.”

Da gerade die theologischen Fakultäten in Deutschland zur Bastion der historisch-kritischen Theologie geworden sind, betrachten die Vertreter dieser Theologie ihre Sichtweise häufig als wissenschaftlich; ein Anspruch, der sich bereits in der mutigen Selbstbezeichnung als “historisch-kritisch” äußert.

Aus Sicht der Evangelikalen handelt es sich allerdings eher um wissenschaftlich verbrämten Unglauben ohne jede reale Grundlage. Die historisch-kritische Theologie und ihre Ergebnisse sind aus evangelikaler Sicht keine Wissenschaft, sondern vielmehr Abfall von Gott und eine intellektuelle Peinlichkeit. Für diejenigen, die an einer Auseinandersetzung mit den einzelnen Theorien und Behauptungen der Bibelkritiker interessiert sind, gebe ich an dieser Stelle einen Link auf den zweiten Abschnitt, die
Inhaltliche Auseinandersetzung mit den Theorien der Bibelkritiker. Aufgrund seines Umfangs habe ich diesen Abschnitt als eigenen Artikel aus dem Textfluß ausgelagert.

Die Folge der historisch-kritischen Theologie ist in erster Linie der Verlust des Vertrauens in die Bibel und damit der Verlust des Glaubensfundaments. Der unbefangene Zugang zur Bibel wird verhindert; ein wirkliches Verständnis biblischer Inhalte ist schon deshalb bei historisch-kritisch ausgebildeten Theologen kaum vorhanden. Trotz eines teilweise vorhandenen Faktenwissens fehlt insbesondere der Überblick über biblische Zusammenhänge, was eine Folge der desintegrierenden Vorgehensweise dieser Theologie ist.
Einige Bekenntnisse des christlichen Glaubens sind zwar bei Nachfrage zu erhalten, doch ist das Denken und Reden weltlich und ganz auf diesseitige - z.B. soziale oder humanistische - Themen bezogen. Weil die Bibel als Korrektiv nicht mehr ernst genommen wird, werden häufig selbst zentrale Glaubensinhalte abgelehnt, ohne daß dies für das Selbstverständnis als “Christ” irgendwelche Konsequenzen hätte:

Typisch dafür ist wohl folgende kleine Begebenheit: Eine frühere Mitschülerin von mir hatte nach ihrem Abitur eine theologische Ausbildung gemacht (Lehramt Religion). Als wir auf einem Abitreffen über Glaubensthemen ins Gespräch kamen, stellte sich rasch heraus, daß sie die unbiblische Ansicht vertrat, daß jeder Mensch errettet werde (sog. “Allversöhnung”). Ich fragte sie daraufhin, warum und wofür denn ihrer Ansicht nach Jesus am Kreuz gestorben ist. Darauf meinte sie nur vage, daß dies eine “schwierige Frage” sei.
....weil sie den Worten Jesu nicht glaubte, daß Er der einzige Weg zu Gott ist und wir zur Errettung die Vergebung und Gnade Gottes brauchen, wußte sie auch keine Antwort mehr darauf, warum Jesus am Kreuz starb. Denn da sie behauptete, alle Menschen würden errettet, hatte sie sich die biblische Antwort, wie sie in
Johannes 3,16 steht, selbst verbaut. Meiner Bekannten als studierter Theologin war vermutlich bekannt, was Inhalt der Bibel und des christlichen Glaubens ist - aber sie glaubte es eben nicht....

Der zentrale Vorwurf der Evangelikalen an die Adresse der historisch-kritischen Theologie ist daher schlicht Unglaube.

Unglaube gegenüber Gottes Wort ist die Wurzel dieser Theologie - und es ist auch ihre Saat und ihre Frucht. Die Folge des inneren Glaubensverlusts ist naturgemäß eine geistliche Leere und wortklingelnde Sprachlosigkeit, die sich von der Sichtweise eines Humanisten oder moralisch orientierten Agnostikers nicht mehr erkennbar unterscheidet.

Auch wenn der Glaube eigentlich verloren ist, wird “Kirche” weiter betrieben - aber nicht mehr unter dem Vorzeichen des gekreuzigten Christus, sondern als soziale Veranstaltung und organisiertes Gutmenschentum.



3) Auswirkungen in der Praxis: Die entkernte Kirche

Als Beispiel dafür nehme ich einmal die landeskirchlichen Stellungnahmen zu dem islamischen Terroranschlag am 11.09.2001 auf das World Trade Center in New York. Bei derartigen Katastrophen und umwälzenden Ereignissen suchen viele Menschen in Deutschland immer noch Sinndeutung und Beistand bei den Volkskirchen. Auch für Menschen, die sich von den christlichen Wurzeln unserer Gesellschaft entfernt haben und keine Gemeinde besuchen, scheint die Kirche in solchen Situationen den natürlichen Rahmen zu bieten, um Solidarität, Anteilnahme und Trauer auszudrücken.

So war es auch beim Anschlag auf das World Trade Center: Die Kirchen waren brechend voll und allerorten fanden Trauergottesdienste und Gebete für die Opfer statt. Einige davon wurden sogar im Fernsehen übertragen. Welch eine Gelegenheit wäre es für die großen Kirchen gewesen, Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Welche Gelegenheit, auf Jesus hinzuweisen, der von sich in
Johannes 16,33 sagt: “In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.”  
....
doch wie blaß und nichtssagend waren die Worte in den kirchlichen Stellungnahmen und den Predigten der Bischöfe. Die Kirche steht noch, aber sie hat keinen Glaubenskern mehr und ist sprachlos geworden.

Ich gebe nachstehend einige treffende Kommentare dazu wieder, die aus der
Idea stammen:



Der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Kirche in Braunschweig und Präsident des Lutherischen Weltbundes, Christian Krause, deutete in seiner Predigt den Terrorakt als „Verbrechen wider die Menschlichkeit“ und plädiert für eine „Kultur der Menschlichkeit“. Diese hat für ihn mit einem grundlegenden Einverständnis über das Zusammenleben der Menschheit zu tun. Ist dieses nicht gegeben, mache sich “Unsicherheit und Erschrecken” breit.

Andeutungsweise wird das Gelingen von Menschlichkeit auch mit dem „Vertrauen auf die Gnade Gottes“ in Verbindung gebracht. Aber worin diese Gnade besteht, wird nicht erläutert. Daß – wie gleich hinzugefügt wird – der „Dialog der Religionen“ die Menschlichkeit „in besonderer Weise“ befördern solle, nimmt der Rede von der Gnade ihre spezifisch theologische Konzentration.

Die Ausführungen werden zudem eingebettet in rein zwischenmenschliche Appelle an die Politiker zum “Verzicht auf Gegenhaß und Gegengewalt“ und allgemein an alle Menschen zum Einsatz für Frieden und Versöhnung. Das alles könnte ebenso auch ein Kommentator der Tagesthemen gesagt haben. Von Gott wird nicht deutlich geredet und auch nicht von der Bibel und ihrer Sicht des Menschen. Kein Wort auch von der Verheißung und dem wahren Trost in Jesus Christus, kein Wort über die Notwendigkeit der Umkehr oder über religiöse Irreleitung von Menschen abseits der Offenbarung Gottes in Jesus Christus.



Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, verstand es beim Bittgottesdienst in Kassel, zu trösten, indem er in seiner Ansprache die Gefühle der Besucher aufgriff: Ohnmacht, Ängste und Sorgen angesichts der Saat der Gewalt. Kirchlicher Trost darf aber nicht nur auf der psychologischen Ebene stehenbleiben, sonst ist er ersetzbar und mittelfristig sinnlos. Insofern war es verheißungsvoll, daß der Bischof die Frage nach den Prioritäten im Leben ins Blickfeld rückte: „Mit einem Mal erleben wir, daß das, was uns sonst im Alltag beschäftigt, unendlich klein und nebensächlich wird.“
Aber dann fehlt in der Presseerklärung jeder Hinweis, welche Konsequenzen denn nun – von Gott her gesehen – angesichts der Grenzerfahrung von bodenlosem Leid und plötzlichem Tod im Hier und Heute gezogen werden sollten. Die Frage der Prioritäten klingt nur darin an, daß „besonnene und klare Gedanken zu fassen“ seien, denn „nichts ist wichtiger als das, um die Welt bewohnbar zu halten“. Wirklich nichts? Auch das könnte genausogut ein Nachrichtensprecher gesagt haben.

Ein Bischof, der von Gott und vom Horizont der Ewigkeit her spricht, müßte mehr zu sagen wissen über die Umkehr zu Prioritäten im Licht des Evangeliums. Immerhin tritt Bischof Hein aber in die Auseinandersetzung mit dem Anspruch islamischer Terroristen ein, im Namen Allahs morden zu dürfen. Hierzu heißt es: „Wer meint, mit Berufung auf Gott töten zu können, mißbraucht Gottes Namen“. Er geht damit auf die Gottesfrage ein. Aber die Auseinandersetzung mit den Islamisten bleibt blaß und vermeidet die Auseinandersetzung mit dem Islam. Denn der Gott Israels, den die Bibel bezeugt, der Vater Jesu Christi und der „Allah“ des Koran haben nichts miteinander gemeinsam. Damit wären auch all die notvollen Themen auf dem Tisch, daß nämlich der korantreue Islam keineswegs eine friedliche Religion ist, sondern die untrennbare Verknüpfung von Staat und Religion vertritt, samt Scharia (islamisches „Recht“) und Dschihad (Heiliger Krieg). Aber davon wird ungern gesprochen im Zeitalter von Dialog und Ökumene der Religionen und deshalb wird schamlos der heilige Gott mit dem toten Götzen Mohammeds in Verbindung gebracht.



Der Landesbischof der Ev.-lutherischen Kirche in Thüringen, Christoph Kähler, beginnt seine Predigt mit dem undeutlichen Hinweis, daß „Gott als Vater alle Menschen zu Geschwistern mache“, weshalb sie als Schwestern und Brüder anzureden seien. Darauf faßt der Bischof kurz das Geschehen in New York zusammen, um dann – was gut evangelisch klingt – von den Wörtern zum Wort überzuleiten: „In dieser Angst und diesem Entsetzen flüchten wir in die alten großen Texte der Bibel“ – in diesem Fall den Text von Kain und Abel und dem ersten Brudermord.
Nur wird der Bibeltext in der Folge nicht ausgelegt. Er ist zwar durch den Eingangssatz in den Kontext gestellt, daß alle Menschen Brüder seien (von der Bibel her sehr problematisch), womit das Attentat als Brudermord erscheinen soll, aber die ganze Auslegung erschöpft sich dann in wenigen Sätzen: „Gott hat den Mörder Kain mit einem Kainsmal versehen und so die Blutrache verhindert. Wir bitten ihn, solche Zeichen in unserer Welt zu setzen“. Also Schutz der Täter vor der Strafe? Die „Flucht in die alten großen Texte der Bibel“ endet also mit diesen läppischen Sätzen, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten.

Danach kommen nur noch einige allgemeine Aussagen: Wir dürfen auch „schweigen“, wenn uns die Worte fehlen; wir dürfen unsere Trauer ausdrücken und unsere Furcht benennen; wir sollten „redlich unterscheiden“ zwischen dem Beobachteten und den Betroffenen (?!); wir sollten beachten, was um uns herum friedliche Entwicklungen fördern könnte; und – hier kommt nochmals das geistliche Anliegen durch – wir dürfen beten: für die Opfer, für uns, für die Welt.

Man könnte hinzufügen, daß ein Anlaß zur Fürbitte ist, daß die „Kirche des Wortes“ Gottes Wort wiederentdeckt.



Am deutlichsten hat vielleicht der Stellvertreter des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten, Hans-Helmut Köke, versucht, Situationsdeutung durch Schriftauslegung zu geben. Im Kern sieht er durch die terroristischen Anschläge die Frage nach dem Menschenbild aufgeworfen: „Unser Grundvertrauen ist erschüttert, daß wir als Personen angenommen, begabt, fähig und frei sind, eine Gesellschaft in Gerechtigkeit und Frieden anzustreben und aufzubauen“.

Martin Luther hätte in Anbetracht dieses aufbrechenden Realismus von der biblischen Sicht der tiefen Sündhaftigkeit des Menschen gesprochen, die allem humanistischen Optimismus widerspricht. Martin Luther hätte auf die Errettung aus der Sünde hingewiesen, die allein im Glauben an Jesus Christus liegt.
Aber Köke überspringt die Verderbtheit des Menschen und seine Errettung allein aus Glauben, stellt der Resignation aber als „alles entscheidendes Lebensgefühl“ eine Aussage des Galaterbriefs entgegen: „Laßt uns bestehen in der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat. In Christus gilt der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.“ Der Bischof setzt hier bereits voraus, daß die erschütterten Menschen unserer Gesellschaft durch Gottes Gnade in diese Situation versetzt sind und vertraut deshalb, „daß die Einzelnen und die Gesellschaft lebensfördernd, liebend und in freier Verständigung ihr Leben führen können.“

Vielleicht zeigt sich hier einmal mehr die Grundproblematik volkskirchlichen Denkens: Statt von der Rechtfertigung des (einzelnen) Glaubenden auszugehen, wird von einem Gerechtfertigtsein aller Menschen – entweder universalistisch oder zumindest im christlichen Kulturkreis – ausgegangen. Aus der Überzeugung, daß man es bei allen Hörern mit in Christus Befreiten zu tun habe, deren Glaube nun durch die Liebe tätig sein könne, wird dann auch aufgerufen, anderen beizustehen, Situationen ruhig zu analysieren, im Gespräch mit den Muslimen zu bleiben und nachhaltig dafür zu arbeiten, daß dem Terrorismus der Boden entzogen wird. Die Problematik ist, daß hier eine nachchristliche Gesellschaft im Licht dieser Verheißung gesehen wird, ohne daß Buße und Glaube als der schmale Weg zum Heil thematisiert werden. Das konstantinische Zeitalter wirkt nach – oder aber ein theologischer Heilsuniversalismus, der die Grenzen zwischen Kirche und Gesellschaft verwischt.



Insgesamt waren die Stellungnahmen der Evangelischen Landeskirche zum 11. September von denen der Welt nicht unterscheidbar und daher bedeutungslos. Eine Existenzberechtigung einer christlichen Kirche läßt sich aus derlei nicht herleiten.

Kurz gesagt: Eine weitere verpaßte Chance, um Menschen für Jesus zu erreichen...

Niemand von uns weiß, wie viele solcher Chancen es für die evangelischen Volkskirchen noch geben wird. Aber es ist eine mathematische Gewißheit, daß diese Kirchen bei der Fortschreibung des gegenwärtigen äußeren Verfalls am Ende dieses Jahrhunderts bis auf kleine Reste verschwunden sein werden. Angesichts dessen, welches banale Bild vom christlichen Glauben hier vermittelt wird, weiß ich nicht, ob man dies bedauern sollte. Eine derart sprachlose Kirche verschwindet schlicht deshalb, weil sie überflüssig ist:
Matthäus 5,13: “Ihr seid das Salz der Erde; wenn aber das Salz fade geworden ist, womit soll es gesalzen werden? Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden.”

Ich bin evangelisch. Aber dieses leere Gerede ist es nicht. Gott läßt sich nicht spotten, auch nicht von Kirchenvertretern.

Allein Gott die Ehre !
Ingmar



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